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Rechtsprechung : Abtretung einer Darlehensforderung als typisch stille Einlage
21.03.2020 17:47 ( 516 x gelesen )

Abtretung einer Darlehensforderung als typisch stille Einlage

Leitsätze

  1. Einem partiarischen Darlehen sind – in Abgrenzung von einer stillen Beteiligung – eine Verlustbeteiligung des Darlehensgebers und eine gemeinsame Zweckverfolgung (§ 705 BGB) fremd.
  2. Wird zur Erbringung der Einlage in eine typisch stille Gesellschaft eine Darlehensforderung gegenüber einer Kapitalgesellschaft als Inhaberin des Handelsgewerbes abgetreten, so handelt es sich um einen tauschähnlichen Vorgang, bei dem eine Forderung für die stille Beteiligung hingegeben wird.
  3. Auch bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung bemessen sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Dieser bestimmt sich nicht nach den Verhältnissen, die erst durch die Vereinbarung der stillen Beteiligung mit Wirkung für die Zukunft geschaffen werden.
  4. Die für den Fall des Rechtsmittels einer vollbeendeten Personengesellschaft gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid entwickelten Auslegungsgrundsätze (sog. Spiegelbildbetrachtung) gelten auch dann, wenn ein entsprechendes Rechtsmittel von der Rechtsnachfolgerin einer vollbeendeten Personengesellschaft eingelegt worden ist. Ergibt die Auslegung, dass nicht alle nunmehr klagebefugten Gesellschafter als Rechtsmittelführer in Betracht kommen, sind die übrigen – soweit sie durch die streitgegenständliche(n) Feststellung(en) beschwert sind – zum Verfahren hinzuzuziehen bzw. notwendig beizuladen.

Sachverhalt

Eine KG (A-KG) hatte im Rahmen einer Geschäftsbeziehung einer GmbH mehrere Darlehen gegeben. Nachdem die GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, schrieb die A-KG ihre Darlehensforderungen zum 31.12.1993 in voller Höhe ab. Im Jahr 1995 schloss die GmbH mit der A-KG (ebenso wie mit anderen Gläubigern) eine Sanierungsvereinbarung ab, wonach die A-KG auf einen Teil der Darlehensforderungen verzichtete und ein weiterer Teil in eine stille Beteiligung umgewandelt werden sollte. Zugleich wurde ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft geschlossen, wonach der stille Gesellschafter u. a. bis zur Höhe der Einlage am Verlust, nicht aber an den stillen Reserven beteiligt war. Von der Mitwirkung an gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften war der stille Gesellschafter ausgeschlossen.

Die A-KG wies in ihrer Bilanz auf den 31.12.1995 eine stille Beteiligung an der GmbH mit einem Wert von 1 DM aus. Nach Auffassung des FA war die stille Beteiligung mit dem Nominalwert der Teilforderung, an deren Stelle sie getreten war, zu bewerten. Während des Einspruchsverfahrens gegen den betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid 1995 für die A-KG erlosch diese infolge einer Verschmelzung auf eine Schwestergesellschaft, die B-KG. Die Einspruchsentscheidung richtete das FA an die B-KG als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-KG.

Klage erhob anschließend die B-KG, deren einzige Kommanditistin die X-AG, die Muttergesellschaft der A-KG und der B-KG war. Das FG wies die Klage ab (FG Bremen, Entscheidung vom 24.8.2016, 4 K 12/13 (4)). Es beurteilte das Rechtsverhältnis als typisch stille Beteiligung, die mit Anschaffungskosten i. H. d. Nennwerts der umgewandelten Forderung zu bewerten sei. Das Gericht könne aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, dass die Forderung im Zeitpunkt der Umwandlung werthaltig gewesen sei. Dies lasse sich aus der anschließend positiven Unternehmensentwicklung der GmbH schließen.

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Zwar sei das FG zu Recht von einer typisch stillen Beteiligung ausgegangen, deren Anschaffungskosten sich aus dem Wert der umgewandelten Forderung ergebe. Bei Schätzung des Werts der Forderung im Zeitpunkt der Umwandlung habe aber nicht auf die erst durch die Sanierung geschaffenen Verhältnisse bei der GmbH abgestellt werden dürfen. Maßgebend seien die Verhältnisse vor der Sanierung.

Verfahrensrechtlich sei die Klage als solche der X-AG als ehemalige Gesellschafterin der A-KG anzusehen. Das FG habe noch die übrigen ehemaligen Kommanditisten der A-KG beizuladen.

Hinweise

  1. Streitig war in diesem Fall, ob bei der Sanierung eines Geschäftspartners des Unternehmens eine bisherige Darlehensforderung in eine typisch stille Beteilung umgewandelt worden war (dazu unter 2.) und mit welchem Wert die Beteiligung ggf. bewertet werden musste (dazu 3.).
  2. Abzugrenzen war eine typisch stille Beteiligung von einem partiarischen Darlehen und einer atypisch stillen Beteiligung. Alle drei Rechtsgestaltungen gleichen sich darin, dass dem Inhaber des Kapitalbetrags vom Empfänger in Gestalt eines Unternehmens statt eines festen Zinses Gewinnanteile als Entgelt für die Kapitalnutzung gewährt werden. Ist – wie im Urteilsfall – nicht nur eine Gewinn-, sondern auch eine Verlustbeteiligung vereinbart, kann ein& strong>Darlehen ausgeschlossen werden.
    Zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft ist danach abzugrenzen, ob der Stille Mitunternehmer geworden ist. Dies setzt neben der Beteiligung an Verlusten grundsätzlich auch eine Beteiligung an den stillen Reserven voraus. Auf die Beteiligung an stillen Reserven kann allenfalls verzichtet werden, wenn diese voraussichtlich gering wären und dem Stillen über das Mindestmaß hinausgehende Initiativrechte zustehen.
  3. Da im Urteilsfall von einer typisch stillen Beteiligung ausgegangen wurde, musste der Stille die Forderung auf Rückzahlung der Einlage aktivieren und mit den Anschaffungskosten bewerten. Im Wesentlichen ging der Streit um die Wertfindung, weil die stille Beteiligung "im Tausch" gegen eine zuletzt nicht mehr voll werthaltige Darlehensforderung erworben worden war.
    Beim Tausch wird das erhaltene Wirtschaftsgut mit dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts bewertet (heute § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG, der im Urteilsfall noch nicht anwendbar war). Es kommt also auf den Wert der Darlehensforderung im Zeitpunkt der Umwandlung in die stille Beteiligung an. Dabei darf nicht berücksichtigt werden, ob sich infolge des zur Sanierung vorgenommenen "Tauschs" die Bonität des Schuldners anschließend verbessert hat.
  4. Das Urteil enthält einen großen verfahrensrechtlichen Teil, der die Klagebefugnis gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft betrifft. Klagebefugt sind dann nur noch die ehemaligen Gesellschafter, die von der Streitfrage betroffen sein können. Erhebt ein Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft Klage, ist diese unzulässig. Im hiesigen Urteil konnte die Zulässigkeit nur mithilfe großzügiger Auslegung gerettet werden, weil die Klägerin tatsächlich ehemalige Gesellschafterin war und auch das FA die Einspruchsentscheidung an den falschen Adressaten gerichtet hatte.

BFH, Urteil vom 28.11.2019 – IV R 54/1


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